„Wo Vielfalt stört, bleibt Einfalt übrig“, schreibt Erich Visotschnig in seinem neuen Buch „Nicht über unsere Köpfe“ (2018, oekom, München). Seit über 30 Jahren plädiert er dafür, die Kompetenz- und Ideenvielfalt der von Entscheidungen betroffenen Bürger in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen.
Der Grazer Systemanalytiker entwickelte gemeinsam mit seinem Kollegen Siegfried Schrotta das Systemische Konsensieren (SK-Prinzip). Während die von ihnen entwickelte Methode in Mediationen und Konfliktberatungen erfolgreich Anwendung findet, zeigen Politiker und Parteien vor allem Desinteresse. Dabei sind gerade sie es, die es mit den schwierigsten Entscheidungsprozessen zu tun haben. Ihre Voten binden als gesetzliche Normen die repräsentierten Bürger und ihr Gemeinwesen. Ausgerechnet sie halten daran fest, eigene Lösungskonzepte mit Macht gegen anderslautende Lösungsvarianten durchzusetzen.
Die Bürger haben die neuen Regeln zu akzeptieren und ihnen zu folgen, egal, ob ihnen die neue Vorschrift passt. Derartige Macht zu erringen und auszuüben, gehört zu den Grundbestrebungen politischer Parteien.
Doch immer schwerer fällt ihnen der Umgang mit bürgerlichem Unwillen. Wohin mit deren Unmut bei Nichtgefallen? Wohin mit deren Unmut, nicht gefragt und berücksichtigt worden zu sein? Der Verweis auf Korrekturen an der Wahlurne verpufft, Wahlversprechen sind die ersten Opfer auf dem Altar notwendiger Koalitionen. Unmut wächst sich aus zum Widerstand. Bleibt dieser innerhalb des Systems unbeachtet, wendet er sich gegen das System. Weiterlesen