Archiv für 9. April 2010

Elchtest am Kölner Eifelwall

Am Montag, 12.April 2010 11:00 h endet das von einem Mitarbeiter der Kölner Gebäudewirtschaft verhängte Ultimatum.
Bis dahin soll die denk!BAR®mobil vom „Campus der LebensKünste“ auf dem kommunalen Brachgelände am Kölner Eifelwall verschwunden sein, ansonsten würde er die damit verbundenen Fahrzeuge abschleppen lassen.

Zu diesem obrigkeitlichen Gebaren siehe: Erklärung zum Verbleib der denk!BAR®mobil auf dem Brachgelände, Köln Eifelwall 5
Das Konzept des „Campus der LebensKünste“ als pdf zum Herunterladen

Nur mal angenommen:

  • Freunde und Gäste des Campus und der denk!BAR®mobil bekundeten ihre Solidarität.
  • Sie würden etwa den Fahrweg des Campus blockieren, um die denk!BAR®mobil an der Abfahrt zu hindern. PKW könnten im Weg stehen oder ineinander verkettete Fahrräder.
  • Die solidarischen Bürger würden ihre Meinung äußern, direkt in de-eskalierenden Gesprächen am Campus, in Leserbriefen, mobilisierenden Telefonaten und Emails (z.B. dieses weiterleiten) oder Schreiben an Verantwortliche in Politik und Verwaltung (s. Anlage Gebäudewirtschaft.doc)

Nur mal angenommen:

  • Die Matadoren der Kommunalwahl 2009 würden sich ihrer Versprechen einer „neuen“, „besseren“, „anderen“ Politik erinnern…
  • Kritische Bürger und Politiker zeigten gemeinsam, was ihnen „Mut zur Kultur“ wert ist, das „Köln auch anders kann“, sie würden die thematische Konzentration über Archiveinsturz und Schauspielhaus ausweiten auf die allgemeine und gemeinwohlorientierte Dialogkultur.

Nur mal angenommen:

  • Kritisch-engagierte Bürger und demokratische Politiker würden beide den von der Gebäudewirtschaft provozierten Elchtest am Eifelwall bestehen.

Wie sehr könnte unsere Stadt gewinnen!

Erklärung zum Verbleib der denk!BAR®mobil auf dem Brachgelände, Köln Eifelwall 5

Während einer Geländeinspektion am 7.4.10 forderte ein Mitarbeiter der Kölner Gebäudewirtschaft den Diplom-Sozialpädagogen und Erwachsenenbildner Josef Hülkenberg auf, umgehend die denk!BAR®mobil (Reisemobil mit Anhänger) vom Gelände zu entfernen. Spätestens am Montag 12.04.2010 um 11:00h werde er sonst die Fahrzeuge abschleppen lassen.

Bejaht von vielen kulturell-kreativen Bürgern dieser Stadt, ist die denk!BAR®mobil ein Grundbestandteil des Kölner Prototyps zum Konzept „Campus der LebensKünste“.

In einer Demokratie ist es nicht so sehr Pflicht des Bürgers, mit der Obrigkeit zusammenzuarbeiten, als die Pflicht der Obrigkeit mit dem Bürger zusammenzuarbeiten, was schon daraus hervorgeht, dass bei einem Mangel an Zusammenarbeit nicht der Bürger, sondern die Staatsgewalt zusammenbricht. (Leopold Kohr, Freedom from Government, 1962)

Die im Kommunalwahlkampf 2009 vorgetragenen Erklärungen aller Parteien und Kandidaten versprachen einen anderen Politikstil. Einen Stil, der die vom Rat zu treffenden Entscheidungen als Endprodukt eines demokratischen Willensbildungsprozesses sieht.

Dazu bedarf es einer Neubesinnung über das Verhältnis zwischen Bürger (Treugeber), Rat (Treuhänder) und dessen Verwaltung. Solcher Neuorientierung entspricht auch die “reflektierte Verhaltensänderung weiter Bevölkerungskreise in allen Kulturen“, auf die die UNO-Vollversammlung mit der 2002 beschlossenen Weltdekade „Bildung für Nachhaltigkeit“ (2005 – 2014) abzielt. Diesem Anspruch verpflichtet sich das Konzept „Campus der LebensKünste“, ein Kernelement ist das offene Angebot der denk!BAR®mobil.

Brachzeit als Bedenkzeit ist der Grundansatz dieses Konzeptes; bis zum Mai 2011 soll mit Zustimmung des Kölner Kulturamtes dieses Konzept modellhaft auf dem Brachgelände am Eifelwall umgesetzt werden. Auch der Direktor der Rheinischen Archive, Dr. Ulrich S. Soénius, nahm an dem entscheidenden Gespräch am 24. März 2010 in der denk!BAR®mobil teil und versicherte seine Unterstützung.

Die Kölner Gebäudewirtschaft allerdings erhebt den Anspruch, Eigentümer der kommunalen Liegenschaften zu sein. Absprachen mit anderen Dienststellen oder Einrichtungen werden ignoriert. Als Treuhänder der Bürger eine demokratisch zu verantwortende Aufgabe zu haben, solcher Sichtweise entzieht sich die Leitung des städtischen Eigenbetriebs.

Die formal-rechtliche Zuständigkeit der Gebäudewirtschaft für die Verwaltung und Pflege (!) der Liegenschaften stellt niemand in Frage. Doch die Art, wie dieses Unternehmen die ihm übertragenen Kompetenzen zur Herrschaft über andere städtische Einrichtungen, Ämter, Dienste und vor allem die Bürger nutzt, ist nicht angemessen und grenzt wie im aktuellen Fall an mißbräuchlicher Rechtsauslegung.

Rechtsmissbrauch wird als zweckwidrige Inanspruchnahme einer Rechtsposition definiert und begrenzt die Möglichkeit, ein bestehendes Recht auszuüben. Dies bedeutet, dass die Inanspruchnahme eines formal gegebenen Rechtsanspruchs durch den Grundsatz von Treu und Glauben beschränkt ist. Auch wer über ein formal einklagbares Recht verfügt, darf dieses nicht missbräuchlich ausüben. Versucht er es dennoch, kann der Benachteiligte dagegen vorgehen.

Demokratie hat nicht nur mit „Macht auf Zeit“ zu tun, sie ist vor allem eine Stilfrage. Regierung des Volkes, durch das Volk, für das Volk, im Interesse des Volkes – hat Abraham Lincoln diese Herausforderung einmal beschrieben.

Leider ersetzt die Gebäudewirtschaft den einem Treuhänder gemäßen demokratischen Stil durch ein antiquiertes Obrigkeitsgebaren.
Während andere Dienststellen einen ernsthaften, sachgemäßen Dialog fördern, betreibt die Gebäudewirtschaft gezielte und unzweckmäßige Eskalation.
Das immer wieder vorgetragene Angebot einer beiderseitig verbindlichen Vereinbarung über die befristete Nutzung des verwahrlosten Brachgeländes lehnt der Leiter der Gebäudewirtschaft strikt ab, denn damit würde er „diese Arbeit legitimieren“.
Dieses Gebaren bringt leider eine Erkenntnis aus dunkler deutscher Geschichte in Erinnerung:

Wo Recht zum Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.