Eine Kirche, die Versöhnung predigt, wird umso glaubhafter, wenn sie selbst beide Seiten der Versöhnung pflegt, Fehler, Missgriffe und Sünden anderer verzeiht und Neuanfänge zulässt, aber auch eigene Fehler und begangenes Unrecht eingesteht und um Versöhnung mit den Opfern sucht.
Der Österreicher Alois Perner lenkte in Briefen an den Bischof von Innsbruck, den Dekan der theologischen Fakultät und den Provinzial der Jesuiten in Österreich die Aufmerksamkeit auf den exemplarischen Fall des Prof. Johannes Kleinhappl.
“Ich glaube jedenfalls fest daran;” schrieb Perner, “dass die Kirche unserer Zeit den Kairos wahrnehmen sollte, solche öffentlichen Zeichen der Versöhnung mit der Vergangenheit und zugleich des Vertrauens in die Zukunft zu setzen. Die Menschen warten darauf, dass auch die Institutionen der Kirche durch ihre Amtsträger konkrete Zeichen der Umkehr, des
Umdenkens – in vieler Hinsicht – setzen.”
Den 30. Todestag nutzen die österreichischen Jesuiten nun, ihren früheren Mitbruder mit einem Gedenk-Symposium am 23.10.
2009 in Wien dem seinerzeit verordneten Vergessen zu entreißen. Dabei brachten sie den Mut auf, eigenes Versagen deutlich zu benennen und das Opfer der Ordenspolitik zu rehabilitieren.
Wie sehr das vom Orden seinerzeit verfügte Vergessen wirksam wurde, belegten die eingeladenen Referenten. Der Sozialphilosoph Prof. Johannes Heinrichs bekannte, dass er in den 1970er Jahren als Lehrstuhlinhaber an der Jesuitenhochschule St. Georgen, Frankfurt/Main, von seinem Ordensbruder und Professorenkollegen Kleinhappl nichts wusste. Erst 1995 wurde er auf den inzwischen veröffentlichten wissenschaftlichen Nachlass Kleinhappls aufmerksam gemacht.
“Bereits beim flüchtigen Durchblättern hatte ich das Gefühl von Sensation, und dieser Eindruck steigerte sich bei der
Lektüre”, berichtete Heinrichs. Ihn, den durch seinen (freiwilligen) Ordens- und späteren Kirchenaustritt in Missfallen geratenen Ex-Jesuiten, hatten die Veranstalter als weiteres Versöhnungszeichen zum Hauptreferat gebeten.
Auch Prof. Wolfgang Palaver wusste nach eigenem Bekunden bis zur Einladung zum Symposium nicht mehr als dass ein Prof.
Kleinhappl ehedem als einer seiner Vorgänger an der Innsbrucker Fakultät lehrte.
Am Ende der Veranstaltung wies der Provinzial P. Gernot Wisser SJ ausdrücklich darauf hin, dass dieses Symposium
allein nicht zur Rehabilitierung des geächteten Mitbruders reiche.
Entscheidend sei die Bereitschaft, dessen wissenschaftliches Erbe für die aktuellen Diskussionen um soziale und
wirtschaftliche Ordnungen auszuarbeiten und zu nutzen.
Prof. Johannes Kleinhappls Nachlass in Essays, Analysen und Fragmenten ist nicht nur umfangreich (5 Studienbände),
sondern eine Fundgrube für eine zukunftsweisende Sozialethik.
Dabei hilft seine klare Sprache: tief durchdachte, schnörkellose Begriffe geben Orientierung im Tohuwabohu
pseudoethischer Sprechblasen.
Während sich sein Mitbruder von Nell-Breuning als Jurist und Volkswirt der geschichtlichen Realität des Kapitalismus beugt, lässt der Moraltheologe Kleinhappl die Macht des Faktischen hinter sich, um nach dem grundlegenden Dürfen und Sollen im sozialen Miteinander der Menschen zu fragen.
Erst langsam schält sich heraus, welche Chancen der Jesuitenorden verworfen hat, als er den Innsbrucker Ordinarius
mobbte, statt den wissenschaftlichen Disput zwischen den Gelehrten zu fördern.