Gesundes Gemüse, gezogen in Stadtgärten, auf Balkonen oder Hausdächern. Energieautarke Gebäude, die mit effizientem Stoffkreislaufmanagment guten Wohnraum bezahlbar halten. Abgasarme Verkehrsmittel, die ohne hohe Umweltbelastung Mobilität erlauben.
Es gibt viele solcher Wünsche, und eine hohe Zahl an Lösungsideen und Konzepten. Beim Wettbewerb „Zukunftsstadt 2030“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gingen 51 Kommunen an den Start. 20 von ihnen kamen nun in die 2. Runde, um mit Fördermitteln des Bundes ihre eingereichten Konzepte zu konkretisieren. Bis zu acht Kommunen erhalten dann 2018 die Chance, ihre Ideen und Konzepte in die Realität umzusetzen.
Die Europastadt Bocholt erreichte die 2. Runde. In einer „Planungszelle“, wie sie Prof. Peter C. Dienel in den 1970er Jahren als Form der Bürgerbeteiligung entwarf, werden sich im November 2017 50 Bocholter Bürger mit der Frage befassen, ob ein Bikepark oder eine Kinder- und Jugenduniversität der Wettbewerbsbeitrag zur nächsten Runde werden.
Das klingt nach moderner Demokratie, Bürgerbeteiligung und nachhaltiger Zukunftsgestaltung – WOW!
Was aber wird aus diesem WOW bei näherer Betrachtung? Löst ein ministeriell veranstaltetes Wettrennen um knappe Fördermittel die überfällige Demokratiereform aus? Reicht es, einige Wochen lang die Bürger zu bitten, ihre Wünsche für die Stadtentwicklung auf Plakatwänden in der Fussgängerzone zu notieren? Können die 50 berufenen Bürger nur zwischen den Alternativen Bikepark oder Jugenduni wählen – oder können sie beide verwerfen und eine neue Idee kreieren?
Welche Verbindlichkeit hat ihre Wahl?
Parlamentarische Vertretungen der Bürger in Kommunen, Ländern und Bund haben die zentrale Aufgabe, für das jeweilige Gemeinwesen verbindliche Entscheidungen zu treffen. Solche Entscheidungen sind es, die wir „Politik“ nennen. Von demokratischen Entscheidungen können wir jedoch nur reden, wenn diese Entscheidungen von der Akzeptanz der Betroffenen getragen werden.
Dienels Planungszelle ist ein Weg zur Rückabsicherung der Ratsentscheidung, sie verspricht eine höhere Legitimation.
Für Bikepark oder Jugenduni mag das so erhobene Bürgervotum hilfreich sein. Wie aber sieht es bei den vielen Hundert Ratsentscheidungen aus, die bis zum Jahr 2030 und darüber hinaus zu treffen sind. Sollen es nur politische oder gar demokratische Entscheidungen sein, die die Zukunft des Gemeinwesens Bocholt prägen?
Aufgeworfen habe ich diese Fragen am Beispiel BOCHOLT. Sie gelten aber für alle Teilnehmer am Fördermittel-Wettrennen ZUKUNFTSSTADT 2030. Darüber hinaus zudem für alle Kommunen, in denen Ratsmitglieder um nachhaltig gute Entscheidungen für ihr Gemeinwesen ringen.
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