„Was eigentlich zieht Dich immer wieder zu einer Fachtagung für Lehrer und Kindergärtnerinnen?“ Im Kontext der Internationalen Pädagogischen Werktagung (PWT) werde ich regelmäßig mit solcher Frage konfrontiert. Die Frage ist ja berechtigt. Als Sozialpädagoge habe ich meine Arbeitsschwerpunkte auf politisch-soziale Bildung und die Zielgruppe „erwachsene Bürger“ ausgerichtet. Kleinkinderziehung und Reformschulpädagogik sind keine Themenfelder meines Engagements.
Der Charme von Salzburg (wenn es nicht regnet) und die aufgeschlossene Atmosphäre der Tagung heben sich nicht sonderlich von der Tagungskultur ab, die auch bei anderen Veranstaltern erfahrbar ist. Die PWT wartet immer wieder mit Top-Referenten auf, welche eben nicht Spezialisten der Fachgebiete „Kindererziehung“ und „Schule“ sind. Manes Sperber, Leopold Kohr, Eugen Drewermann, Robert Jungk, Frederic Vester, Franz-Josef Radermacher … lang ist die Liste der Referenten, die mich beeindruckten und meine Arbeit nachhaltig beeinflussten. Doch kann das schon der Kern der richtigen Antwort sein?
Dass der Reiz der PWT tiefer geht als die Reihe der Top-Referenten wurde mir beim diesjährigen Eröffnungsvortrag klar. Die PWT 2017 ist den Kinderrechten gewidmet. Zum Auftakt der Tagung hatten die Veranstalter Prof. Dr. Lothar Krappmann, Berlin gewonnen. Der Soziologe und Bildungsforscher Krappmann war von 2003 bis 2011 Mitglied im UN-Fachausschuss für die Rechte des Kindes.
Je mehr Krappmann über die UN-Kinderrechtskonvention, ihre geschichtliche Entwicklung von einem Kinderschutzprogramm zur Anerkennung der Kinder als Menschen mit berechtigten eigenen Anliegen berichtete, umso deutlicher sah ich die Parallelen zu meinem Arbeitsschwerpunkt der Demokratieentwicklung.
Nach Artikel 12 dieser UN-Konvention haben Kinder das Recht darauf, dass sie zu allen sie betreffenden Angelegenheiten ihre Meinung äußern können und dass diese auch entsprechend berücksichtigt wird. Artikel 3 verlangt, dass bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen das Wohl des Kindes im Vordergrund steht.
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 klingt schön und gut, hat aber nur einen Appellcharakter an die Staaten. Eine Konvention jedoch wird für die Unterzeichnerstaaten rechtverbindlich. Sie müssen die Ansprüche der Konvention in ihr nationales Rechtssystem einarbeiten. Dadurch hat die Kinderrechtskonvention eine weit höhere Rechtskraft als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.
Während Prof. Krappmann referierte und erläuterte, drängte sich mir ein Gedanke auf. Nur mal angenommen – wir akzeptierten nicht nur, dass alle Kinder Menschen sind, sondern fänden den Mut zur dialogischen Umkehrung: Alle Menschen sind auch Kinder. Was wäre, wir ersetzten in dieser Konvention alle „Kinder“ durch „Menschen“ oder „Bürger“?
Zu welchen Demokratieformen würde uns die Realisierung solcher konventionsgeschützten Rechte führen? Ob die Perspektiven, die ich 2015 beschrieb, dann immer noch als überzogen und waghalsig betrachtet würden?
Hinterlasse eine Antwort