Wenn am 22. Mai 2014 das Grundgesetz 65 Jahre alt wird, könnte es getrost in Rente gehen. Die politische Klasse Deutschlands hat sich in Eintracht mit dem europäischen Klassenverband ohnehin seit langem vom Grundgesetz verabschiedet. Im laxen Verfassungsgebrauch von Regierungen und Parlamenten haben die Verfassungsgerichte der Länder und des Bundes immer häufiger den aus Ausputzer zu spielen.
Allerdings sind sie in Untersuchungen und Urteilen auf den Aspekt der Legalität politischer Entscheidungen eingegrenzt. Die Legitimität zu erörtern, zu beraten und zu entscheiden steht formell den Parlamenten und den nur an ihr Gewissen gebundenen Abgeordneten zu. Doch dieses demokratische Mandat wird längst zwischen den Mühlsteinen von Parteidisziplin und Fraktionszwang malträtiert und zerrieben. Nur gelegentlich wird die Legitimität politischer Projekte und Entscheidungen in den publizistischen Medien angefragt. Die Pächter und Organisatoren der öffentlichen oder besser veröffentlichten Meinung achten allerdings sehr effizient darauf, dass aufkommende Debatten das politische Geschäft tunlichst nicht behindern. Wohl füllen kritische Analysen gängiger Politik ganze Bücherwände, doch erreichen diese Befunde nur selten die Massen der wahlberechtigten Staatsbürger. Falls doch, wird umgehend kontroverse, politklassen-freundliche Literatur auf den Markt geworfen. Die breiteste Präsenz als Politik-Kritiker erreichen inzwischen die Satiriker und politischen Kabarettisten. Dieter Hildebrand, Georg Schramm, Volker Pispers oder Barwassers Bühnenfigur Erwin Pelzig erreichten Kultstatus mit ihren scharfen, bissigen und pointierten Analysen. Doch wie es die neuen „Anstalt“-Leiter Max Uthoff und Claus von Wagner formulierten, erreichen Sie nicht das Volk, sondern nur das Publikum – „der Unterschied liegt im Eintrittsgeld von 24 €“. Und im Publikum sitzen häufig lachend und schenkelklopfend die verantwortlichen Macher der auf der Bühne gegeißelten Politik. Das politische Kabarett wird geschätzt als zum humoristisches Ventil aufgestauter Empörung. Schon deshalb werden sie von den modernen Politikern ebenso gern gesehen wie einst die Narren am Thron der Könige. Wer sein Land vor närrischer Politik retten will, darf jedoch kein Narr sein. Darüber wäre abseits der Anstalt zu reden. .
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