Ein (zu) seltener Justiz-Erfolg

Titelbild Protokoll tredition

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Bei etwa 2000 tödlichen Ärztefehlern jährlich war der Tod der Helga Hülkenberg nicht spektakulär, aber fragwürdig. Die juristischen Verfahren zur Klärung solcher Fragen laufen üblicherweise außerhalb öffentlicher Aufmerksamkeit.

So berichtet das Landgericht Leipzig, dass 2005 von 75 neuen Fällen nur 27 durch ein Urteil abgeschlossen wurden, dabei hat nur ein Kläger den Rechtsstreit gewonnen. Vergleiche oder Klagerücknahme beendeten die anderen Verfahren.

Bei solch spektakulär geringer Urteilsquote in Ärztefehlerprozessen bildet das klare Urteil des Kölner Landgerichtes allerdings eine hoffnungsvolle Ausnahme.

Kommt es überhaupt zu einer aussichtsreichen Kunstfehlerklage, haben die Kläger sich nicht nur einem langwierigen, nervenbelastenden Verfahren zu stellen. Auch die Erwartungen an eine Berufsethik von Anwälten sind stark zu reduzieren.

In dem beim Landgericht Köln anhängigen Verfahren um den Tod meiner Ehefrau im Jahr 2000 konstruierten die Vertreter der beklagten Ärzte ein angebliches Selbstverschulden der Patientin. Der Diktion dieser Anwälte folgend hätte ich mich wohl der Beihilfe zur Selbsttötung schuldig gemacht.

Zudem taten sich die vom Gericht beauftragten Gutachter schwer, die festgestellten und deutlich benannten Arztfehler so zu werten, dass den Richtern ein klares Urteil möglich wurde. An entscheidenden Stellen drucksend, eröffneten sie ihren beklagten Kollegen haftungsvermeidende Hintertürchen.

Erst der dritte gerichtlich bestellte Gutachter fand den Mut zu klarer Wertung. Während der Radiologe vom Vorwurf der Fahrlässigkeit befreit wurde, erfuhr das Verhalten des verklagten Internisten eine deutliche Wertung. „Grobfahrlässig“ habe er auf eine „inadäquate Behandlung“ reagiert, das „erheblich gestiegene Überlebensrisiko der Patientin“ ignorierend sich auf eine „unsinnige“ ambulante Behandlung eingelassen.

Wie schlimm muss es kommen, dass einem renommierten Facharzt eine „grobe Fehlbehandlung“ vorgeworfen wird, die „objektiv aus ärztlicher Sicht unverständlich ist, weil sie nicht vorkommen darf und einem Facharzt für Innere Medizin zweifellos als Fehler von großer Tragweite bewusst sein musste“.

Von Kunstfehlern Betroffenen mag das „Protokoll eines vermeidbaren Todes“ Mut machen zur Klärung und zum Durchhalten.

Ein unspektakulärer, vermeidbarer Tod kann so durch das „Protokoll” zu einem Lehrstück deutscher Rechtskultur werden.

Zur Person Helga Hülkenberg

Helga Schmitz wurde 1951 in Gerolstein-Lissingen geboren.

Nach Volksschule und Abschluss der Handelsschule begann sie 1967 als Bürofachkraft bei der Katholischen Heimstatt-Bewegung in Köln.

1969-1972 Studium der Sozialpädagogik, als Studentenvertreterin arbeitete sie im Gründungsausschuss der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen mit. Nach dem Examen kehrte sie als Referentin zur katholischen Heimstattbewegung zurück.

Die Mandate zum Zeitpunkt ihres Todes bezeugen ihre berufliche Reputation:

  • stellvertretende Bundesvorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk,
  • Mitglied im Jugendhilfeausschuss des Landschaftsverbandes Rheinland auf einheitlichen Vorschlag aller Trägergruppen der Jugendsozialarbeit.

Mit Alfred Thauer (1915-1988), von 1954-81 Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit, und Dr. Karl-Hugo Breuer (1924-2009), von 1951-1998 Direktor der katholischen Heimstatt-Bewegung NRW darf Helga Hülkenberg auf Seiten der katholischen Trägergruppen zu den gestaltenden Kräften der deutschen Jugendsozialarbeit und dessen Aufnahme in das Jugendhilferecht gezählt werden.

1997 beendete sie an der philosophisch-theologischen Hochschule, Vallendar, ein Zusatzstudium “Erwachsenenbildung” mit Bestnote. Ein Fernstudium “Sozialmarketing” schloss sie an. Das Zeugnis „Mit Auszeichnung“ erlebte sie nicht mehr, es traf am Tag ihres Begräbnisses ein.

1973 heiratete Helga Schmitz den Sozialpädagogen Josef Hülkenberg, die Ehe blieb kinderlos

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