Toter Punkt oder Wendepunkt?

Auf Augenhöhe bitte!

Auf Augenhöhe bitte!

Die katholische Kirche stehe an einem toten Punkt, schrieb der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx an den Papst.

Mit seinem Rücktrittsangebot wolle er beitragen, dass sich dieser tote Punkt zum Wendepunkt wandeln könne.

Dafür wird dem Kardinal allerorten Respekt gezollt.

Die beiden Bocholter Pfarrer Matthias Hembrock und Rafael van Straelen wiesen in ihrer Stellungnahme darauf hin, die Aussagen vom „toten Punkt“ könnten nicht auf die Gemeinden bezogen werden(BBV C3 05.06.2021). Die Kirche vor Ort lebe! Auf der Ebene des Systems müssten die Konsequenzen gezogen werden.

Was aber, wenn sowohl die Perspektiven des Kardinals als auch der Pfarrer gleich wahr und gleich falsch sind?

Menschen, die sich in ihrem Gottvertrauen am Beispiel des Jesus von Nazareth ausrichten und stärken, gab es jederzeit und gibt es heute. Allzu häufig standen und stehen sie gerade deshalb in Spannung und Widerständen zur real existierenden Kirche.

Denn seit die Kirche im frühen vierten Jahrhundert durch den Kaiser Konstantin als reichsstabilisierende Kraft anerkannt und gefördert wurde, hat sich ein bis heute wirkmächtiges System männlich-klerikaler Herrschaft herausgebildet. Dieses römisch-konstantinische System prägt die katholische Kirche vom Vatikan bis in die verlassenen Kirchorte zwangsfusionierter Großpfarreien. Zwar hat das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) das Ende der römisch-konstantinischen Ära eingeläutet, doch der konziliare Aufbruch wurde weitgehend unterlaufen.

Von Rom bis in die Ortsgemeinden zieht sich der nicht mehr kaschierbare Riss zwischen der traditionellen Kirche und Christen in bewusster Jesus-Nachfolge. Laien wie Priester finden sich in beiden Lagern und erfahren die Unvereinbarkeit der beiden Ansätze immer deutlicher. Das bisherige System „Kirche“ ist am Ende. Auch Reförmchen und synodale Beratungen erwecken den toten Gaul nicht wieder zum Leben. Hier erfährt wohl nicht nur Kardinal Marx den „toten Punkt“.

Die Neuorientierung der gesamten Gemeinschaft der Gläubigen an Jesus von Nazareth und seiner gelebten Botschaft hätte eine neue Kirche zur Folge, in der Frauen wie Männer miteinander herrschaftsfrei  Jesu Gottvertrauen verkünden und leben könnten.

Massive Kräfte stemmen sich jedoch gegen eine solche Wende. So bleibt heutigen Christen wohl nur die schmerzliche Einsicht: Die Kirche steht am Scheidepunkt!

 

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