Chancen der Krisen

Können Krisen uns zu notwendigen Lösungen führen? Welche Botschaft geben uns BREXIT, Trumpelei oder die aktuelle Weltlage? Eine Betrachtung zum Kalenderwechsel.

Kalender

Diffuse Schmerzen im gesamten Oberkörper – Schmerzen, um die Wände hoch zu laufen. Also per Taxi in die Krankenhaus-Notaufnahme. Diverse gründliche Untersuchungen förderten zutage, was alles gesund und in Ordnung war. Herz, Lunge, Leber, Bauchspeicheldrüse, Magen, Darm wurden als Quelle der Schmerzen ausgeschlossen. Galle und Milz zeigten sich unauffällig. Der Patient wäre gesund – wenn da nicht die Schmerzen wären.

Am Ende eines langen Tages diagnostischer Suche dann die Entscheidung: stationäre Aufnahme, weitere Untersuchungen am folgenden Tag.

In der Nacht überkamen den Patienten Fieber und Schüttelfrost. Zur Morgenvisite konnte er den Ärzten beschreiben, wie sich die bislang diffusen Schmerzen auf eine handgroße Körperregion verdichteten. Die umgehende radiologische Untersuchung brachte eine schwere Entzündung der Gallenblase ans Licht, sofortige Operation war die Folge.

Das nächtliche Fieber habe die Krise verschärft, damit die Diagnose erleichtert und die sofortige Therapie ermöglicht – so beschrieb der Arzt dem Patienten die eigenartigen Umstände.

Der Patient ist inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen und findet als Rekonvaleszent genügend Zeit, solche Geschehnisse Revue passieren zu lassen.

Im Fluss der Zeit werden wieder einmal die Kalender gewechselt. Ein neues Jahrzehnt – die 20er-Jahre – kommt ins Gespräch, das auslaufende Jahrzehnt ins Gerede.

Rückblick und Ausblick vermischen sich mir mit den kürzlichen Erlebnissen als Patient.

Die Welt krümmt sich in Schmerzen. Kriege, Ausbeutung und menschenverachtende Ökonomie knechten den Großteil der Menschheit. Die Nutznießer dieser Ökonomie suchen sich in großen Scharen vor den notwendigen Umbrüchen und Veränderungen zu schützen. Allzuviele setzen ihr Vertrauen auf großsprecherische Scharlatane, die ihre Ängste schüren und umfassende Besitzstandswahrung versprechen.

Aus Angst um mögliche Wählerstimmen verweigern politische Verantwortungsträger dringende Entscheidungen, die nicht nur wichtig wären, sondern vom Großteil der Bevölkerung mitgetragen würden. Doch das Narrenschiff hat seine eigene Logik.

Möglicherweise braucht es auf dem Narrenschiff wie zuvor einen Patienten der intensiven Fieberkrise. Dass sich aus den diffusen Schmerzen einer zugleich sterbenden wie gebärenden Welt durch die krisenhafte Verschärfung endlich die situativ richtige Diagnose und umgehende Therapie ergibt.

Für die gesellschaftlichen Umbrüche könnte das bedeuten, dass wir hinter der Vielzahl aktueller Missstände und Katastrophen die treibenden Muster erkennen und längst bekannten und bewährten Therapien Raum für ihren Einsatz geben.

Zu den im Hintergrund treibenden Mustern zählen:

  • Eine chrematistische Wirtschafts-Ideologie, die verkleidet als Ökonomie die Immunsysteme des Planeten und der menschlichen Gesellschaft zerstört. (Zur Vertiefung >)
  • Ein im embryonalen Zustand verharrendes Demokratie-Verständnis, welches die relative „Mehrheit“ glorifizierend pervertiert und die Entscheidungsmacht des Volkes auf die gelegentliche Legitimation von Entscheidungsträgern verengt.
  • Eine weitgehend politisch desinteressierte und demokratisch ungeschulte Bevölkerung. Gern formulieren diese „Bürger“ ihre Ansprüche und fordern deren Erfüllung von „den Politikern“ ein. Noch haben zu Wenige gelernt, durch reflektierte Mitverantwortung in politischen Prozessen Demokratie zu leben und Freiheit zu sichern.

Längst wissen wir um verschiedene Therapien, diesen zerstörerischen Mustern entgegenzuwirken. Doch augenscheinlich braucht es weitere verschärfende und bedrängende Notfälle, dass wir genügend Mut und Einsicht finden, um zu tun, was wir wissen.

Mögen uns die kommenden Krisen zur Chance werden. Dann steht uns ein hoffnungsvolles Jahrzehnt ins Haus.

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