Ein Gschmäckle von Wahlwerbung?

Wer wird gewinnen?
Wer wird gewinnen?

Wer wird gewinnen?

Eugen-Bolz-Preis für die Kanzlerin.

Eugen Bolz starb 1945 als Widerstandskämpfer gegen das Naziregime unter dem Fallbeil. Der Rottenburger Bischof Dr. Gebhard Fürst eröffnete am 22. Mai 2015 das Seligsprechungsverfahren für den früheren württembergischen Staatspräsidenten.

Die von der Stadt Rottenburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart getragene Eugen-Bolz-Stiftung verleiht ihren mit 5.000 € dotierten Preis an Persönlichkeiten, “die in besonders hervorragender Weise Leben, Wirken und Denken von Dr. Eugen Bolz sichtbar und erfahrbar machen”. Auf diese Weise soll das Gedächtnis an Dr. Eugen Bolz bewahrt werden und totalitären Tendenzen in der Gesellschaft entgegengearbeitet werden. Der Eugen-Bolz-Preis 2017 wird vergeben an die deutsche Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel.  Der Vorsitzende des Stiftungsrats, Rottenburgs OB Stephan Neher (CDU), schrieb, die Entscheidung, den an den „großen christlichen Widerstandskämpfer“ erinnernden Preis der Kanzlerin zu verleihen, sei sehr bewusst getroffen worden.

Merkel trete engagiert für die humanitären und christlichen Werte der Europäischen Union ein, sie bestärke die vielen Ehrenamtlichen in der Willkommenskultur und sie grenze sich klar ab von rechtsradikalen Bewegungen und Parteien. Merkels von moralischer Verpflichtung getragene Haltung spiegele sich in ihrer Aussage über Flüchtlinge: „Es kommen keine Menschenmassen, sondern es kommen einzelne Menschen zu uns. Niemand, egal warum er sich auf den Weg macht, verlässt leichtfertig seine Heimat.“

Am Mittwoch, 1. Februar 2017, wird der Preis im Neuen Schloss in Stuttgart verliehen. Nach einer Rede von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und einem Grußwort von Bischof Gebhard Fürst hält Reinhard Kardinal Marx, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, die Laudatio.

Seit 2005 ist die Kanzlerin im Amt, ihre politische Laufbahn läßt sich seit 1989 verfolgen. Im „Demokratischen Aufbruch (DA)“ aktivierte die Physikerin sich als Systemadmistratorin, um schon 1990 als Pressesprecherin in den Vorstand der DA aufzusteigen. Die erste freie Volkskammerwahl am 18.3.1990 wurde zwar für die DA zu einem Desaster, doch in der von der West-CDU gegründeten „Allianz für Deutschland“ wurde dieses Debakel abgefangen und Merkel avancierte in der Regierung Lothar de Maizières zur stellvertretenden Regierungssprecherin. Ab 20.12.1990 als CDU-Abgeordnete des Wahlkreises Stralsund – Rügen – Grimmen Mitglied des Deutschen Bundestages wurde sie vom Kanzler Helmut Kohl mit dem Bundesministerium für Frauen und Jugend beauftragt und am 18. Januar 1991 vereidigt. Nach der Wahl am 16. 10. 1994 wurde sie im neuen und letzten Kabinett Kohl Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

Nach der Wahlniederlage der CDU am 27. September 1998 ernannte der neue Bundesvorsitzende Wolfgang Schäuble Merkel zur Generalsekrtetärin der CDU. Zwei Jahre später beerbte Merkel den zurückgetretenen Schäuble und hat den CDU-Bundesvorsitz seitdem in fester Hand.

Eine beeindruckende Politik-Karriere. Von der Physikerin aus der Uckermark zur am längsten amtierenden Regierungschefin der Europäischen Union.  Am 9. Dezember 2015 kürte sie Time zur Person of the Year. Auf dem Titelbild der Zeitschrift wurde sie als „Chancellor of the Free World“ (Kanzlerin der Freien Welt) bezeichnet. Aktuell handelt das Magazin FORBES die Kanzelrin auf Platz 3 der mächtigten Politiker der Erde, noch vor Papst Franziskus (Platz 5).

Die christdemokratische Politikerin liefert eine Karriere, die genug Möglichkeiten gibt, sie auf christlichen und demokratischen Gehalt zu prüfen. Wie sehr ist die von Dr. Angela Merkel vertretene und verantwortete Politik mit der christlicher Sozial- und Gesellschaftlehre zu vereinbaren? Wird etwa die von Merkel angestrebte „Neue soziale Marktwirtschaft“ Waffenhandel, Lohnsklaverei, Ausbeutung und Verarmung überwinden? Wird sie jene Wirtschaftsweise beenden, von der der Papst behauptet, diese Wirtschaft töte?

Hat deutsche Aussen- und Wirtschaftspolitik unter der Kanzlerschaft Merkels zur Befriedung der Krisenregionen geführt, so daß für die dort lebenden Menschen die Fluchtursachen entfallen?

Merkel spricht sich klar für die Stärkung der EU-Kommission als „Europäische Zentralregierung“ aus, von Reformen zur demokratischen Legitimation der EU-Politik etwa durch die Entwicklung des als Parlament benannten europäischen Gesprächsforums zu einem echten Europa-Parlament sind Merkel und ihre CDU weit entfernt.

Ob Kanzlerin Merkel dem ethischen Anspruch des Politikers und Widerstandskämpfers Eugen Bolz gerecht würde? Ich weiß es nicht. Das ihre Politik keineswegs in Einklang steht mit jener katholischen Soziallehre, für die ich Zeit meines Lebens eingetreten bin, kann ich allerdings seit langem deutlich wahrnehmen.

Vor wenigen Wochen erklärte Dr. Angela Merkel ihre erneute Kandidatur für Parteivorsitz und Kanzlerschaft. Beim Parteitag am 6. Dezember 2016 erhielt Merkel mit 89,5 Prozent zwar kein desaströses, aber doch das zweitschlechteste Ergebnis in ihrer 16-jährigen Laufbahn als CDU-Vorsitzende. Vor allem ihre Flüchtlingspolitik und das Erstarken der AfD hatte in der CDU Unmut ausgelöst. Dieser Unmut ist jedoch nicht auf die Kanzlerpartei begrenzt, er hat weite Teile der Gesellschaft ergriffen und wird sich im Wahlkampf zur Bundestagswahl des September 2017 niederschlagen.

Nun im Wahljahr wird Frau Dr.Merkel der Eugen-Bolz-Preis verliehen, medial wird sie zur Ikone christlicher Weltverantwortung aufgeputzt. Die Verleihung als auch der gesamte Laudatio-Rahmen haben mehr als ein Gschmäckle von episkopaler Wahlhilfe.

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