Kodex reicht nicht – Entwicklung braucht Ethik

Krisen sind Chancen, wird seit Laotse immer wieder behauptet. Werden aber die regelmäßigen, zum Wirtschaftssystem gehörenden Krisen wirklich genutzt, die Art unseres Wirtschaftens gründlich zu prüfen?
Wie sehr machen wir uns die Mühe, über die aktuellen Krisenauslöser hinaus auch die tieferen Ursachen zu erkennen und anzugehen? Vertiefen wir aktuelle Kapitalistenschelte hin zur Systemkritik?
Erkennen und Angehen sind verschiedene Dinge. Wer die tieferen Ursachen erkennt, sie aber auch als Wirkursache eigener Vorteile ansieht, sieht selten Grund, gegen sie vorzugehen. Eher wird er seinen Einfluss nutzen, die ihm nützlichen Mechanismen zu schützen und sogar aufzubauen.
Eine derart zweifelhafte Strategie muss allerdings vor den Zweiflern legitimiert werden. Eine beliebte und seit Jahrhunderten bewährte Technik besteht darin, die von den Kritikern und Zweiflern angestrebten Ziele als auch die eigenen zu benennen und das eigene Verhalten als einzigen, alternativlosen Weg zur Zielerreichung zu behaupten. Erfolgreich wird so, wer sich immer wieder an die Spitze seiner eigenen Kritiker stellen kann.
Solche Verführung gelingt indem der (verborgen gehaltene) Eigennutz als Gemeinwohl förderndes, rationales Verhalten begründet wird. Der Kodex des die eigenen Ziele nützlichen Verhaltens wird den Ge- und Verführten als wirtschaftliche”Ethik” vermittelt. Um dem Profit fördernden Verhaltenskodex den Anschein der Ehrbarkeit und sittlichen Integrität zu geben, veröffentlichen Unternehmen werbewirksam ihre “Ethikgrundsätze”.

Dazu wird ein immenser Propagandaaufwand zur “Umdeutung der Begriffe” erforderlich, wie es schon George Orwell in seinem Roman “1984″ beschrieb. Die Kosten sind gigantisch, 8,3 Millionen Euro pro Jahr investieren nach eigenen Angaben deutsche Arbeitgeber über ihren Verband “Gesamtmetall” in die neoliberale Werbeagentur “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” (INSM).
Im Sinne der Auftraggeber ist das Geld gut investiert. Die INSM platziert erfolgreich und zumeist verdeckt Lobbyisten modernen Moneytheismus in Talkshows, Nachrichten-und Magazinsendungen. Sie lanciert „Nachrichten” und „Untersuchungen” als veröffentlichte Meinung zur Manipulation öffentlicher Meinung.
Als Betriebsausgaben lassen sich diese Kosten jedoch locker über die Preise an die Verbraucher durchreichen. Die Zielgruppe selbst bezahlt Propaganda und Desinformation.
Zudem laden Bundes- und Landesregierungen, Bürgermeister und Landräte handverlesen prominente Bürger ein, in demokratisch nicht legitimierten Ethikräten der die Bürger belastenden Politik den Anschein politischer Moral zu geben.
Damit das moneytheistische System die als „Krisen“ bezeichneten Flurbereinigungen unbeschadet und profitabel übersteht, ist es also nötig, die Opfer von den eigentlichen Ursachen abzulenken. Tittitainment für die Massen, populäre Castingshows, Lotterien und Millionenquiz gaukeln vor, jeder sei seines Glückes Schmied, fände jederzeit tausend Chancen, wenn er sie nur nutze.
Funktionsorientierte Eliteförderung für die Vasallen der Herrschenden stützt die Vernebelung und schafft den Mythos, ausbeuterischer Wettbewerb sei ein Naturgesetz, der Schwerkraft ähnlich. Sein Verhalten solchen “natürlichen” Entwicklung anzupassen, sei somit sittlich konsequent.
So gewinnt auf Verhaltenskodex reduzierte “Ethik” Konjunktur, zweckorientiert und den Profit fördernd. Auch unter Piraten und Gaunern herrscht ein Kodex, hier aber hat er einen klaren Namen: Gaunerehre.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *